Im Frühjahr 1999, zu einem Zeitpunkt, da sich die KPL noch lange nicht von den negativen Auswirkungen der Niederlage des Sozialismus im »Kalten Krieg« und der Spaltung von 1993 erholt hatte, weitgehend isoliert war und keine Aussicht auf Mandate in der Abgeordnetenkammer oder in Gemeinderäten hatte, beschloß das erweiterte Zentralkomitee der KPL (die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Zentralkomitees sowie die Mitglieder der Sektionskomitees und der Parteikontrollkommission), zu den Parlamentswahlen im Juni 1999 in einem Wahlbündnis anzutreten. Diesem Bündnis gehörten neben der »Neuen Linken« auch eine trotzkistische Organisation, sozialdemokratische Gewerkschafter, die der sozialdemokratischen »Luxemburger Sozialistischen Arbeiterpartei« (LSAP) den Rücken gekehrt hatten, und linke Persönlichkeiten, die nicht parteipolitisch gebunden waren, an.
Der Beschluß, am Wahlbündnis teilzunehmen, wurde nicht theoretisch begründet, sondern wurde aus wahltaktischen Überlegungen getroffen, um der KPL bei der Parlamentswahl am 12. Juni 1999 und bei den vier Monate später stattfindenden Kommunalwahlen größere Chancen auf Mandate zu verschaffen. Allerdings fanden in Vorbereitung der Entscheidung keine tiefgehenden Diskussionen über die Grundsätze kommunistischer Bündnispolitik statt.
Im Klaren war man sich allerdings darüber, daß man es mit einer großen Herausforderung für die Partei zu tun hatte, weil die politisch-ideologischen, aber auch persönliche Differenzen zwischen Kommunisten und »Erneuerern« weiter existierten, und nicht ausgeschlossen werden konnte, daß ein Teil der neuen Bündnispartner die Zusammenarbeit mißbrauchen würde, um die Kommunisten politisch kaltzustellen.
Hinzu kam, daß die allermeisten Genossen weder theoretische Kenntnisse noch praktische Erfahrungen in der Bündnispolitik hatten, da sie die Zeit der lokalen Bündnisse zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten auf kommunaler Ebene nicht aktiv miterlebt hatten oder, wie das auf ein Drittel der Parteimitglieder zutraf, erst nach 1990 zur KPL gekommen waren.
Es gab auch Parteimitglieder, die jede Kooperation prinzipiell ablehnten, weil sie verkannten, daß ein Wahlbündnis zwischen den Kommunisten und sozialdemokratischen und anderen linken Kräften durchaus nützlich sein kann, um die Partei voranzubringen – vorausgesetzt die Kompromisse, die ein solches Bündnis verlangt, betreffen nicht weltanschauliche oder zentrale strategische Fragen. Eine Sektion der KPL verzichtete sogar auf eine Kandidatenliste zu den Kommunalwahlen und rief dazu auf, die Sozialdemokraten (LSAP) zu wählen. Andere wiederum waren nicht bereit oder in der Lage, eine Doppelbelastung auf sich zu nehmen und sowohl auf Parteiebene als auch im der linken Sammelbewegung aktiv zu sein.
Rückwirkend muß man einschätzen, daß das Bündnis, das unter der Bezeichnung »déi Lénk« an den Wahlen teilnahm, von Anfang an unter keinem guten Stern stand, da die unterschiedlichen Konzeptionen, welche die verschiedenen Bündnispartner hatten, in der Vorbereitung des Bündnisses nicht mit letzter Konsequenz geklärt wurden.
Die Kommunisten konnten sich nicht mit ihrem Vorschlag durchsetzen, die Zusammenarbeit als ein Wahlbündnis von Organisationen zu definieren. Stattdessen erfolgte die Mitgliedschaft auf individueller Ebene, und es wurde eine Finanzregelung verabschiedet, die besagte, daß die Diäten von Mandatsträger im Parlament und auf kommunaler Ebene der »déi Lénk« zukommen sollten.
Bereits bei der Aufstellung der Kandidatenlisten zu den Parlaments- und anschließend zu den Gemeindewahlen kam es zu Manövern, um von der KPL vorgeschlagene Kandidaten auszugrenzen und die Zahl der kommunistischen Kandidaten möglichst klein zu halten. Das Wahlgesetz in Luxemburg erlaubt es dem Wähler zwar, Einzelstimmen an die Kandidaten, Listenstimmen an eine einzelne Partei und sogar seine Stimmen an Kandidaten mehrerer konkurrierender Listen zu vergeben, gleichzeitig aber ermöglicht es den Parteien nicht, Listenplätze festlegen, die über die Wahl der einzelnen Kandidaten entscheiden, was Bündnisse zwischen zwei oder mehreren Parteien nicht begünstigt.
In mehreren Fällen waren die Intrigen gegen kommunistische Kandidaten, an denen sich auch einzelne Mitglieder des Zentralkomitees beteiligten, die innerlich bereits mit den Kommunisten gebrochen hatten und später öffentlich die Fronten wechselten, leider erfolgreich. Das trug dazu bei, innerhalb der Partei Mißtrauen zu schüren und die Parteiorganisation zu schwächen, die zu diesem Zeitpunkt ohnehin immer größere Schwierigkeiten hatte, ihre Druckerei und die kommunistische Tageszeitung finanziell über Wasser zu halten, so daß von der Parteileitung viel Zeit (auf Kosten anderer politischer Aktivitäten) für die Rettung des Parteibesitzes verwendet werden mußte.
Der Erfolg der Sammelbewegung bei den Parlaments- und Kommunalwahlen und das relativ gute Abschneiden der kommunistischen Kandidaten – gewählt wurde ein Abgeordneter ins nationale Parlament und mehrere Räte in den großen Arbeiterkommunen im Süden des Landes – hatte zur Folge, daß die Differenzen zwischen den einzelnen Komponenten der Sammelbewegung nicht offen ausgetragen wurden. Doch unter der Oberfläche gingen die Intrigen gegen die Kommunisten weiter, und es gab zunehmend Bestrebungen, die Sammelbewegung in eine politische Partei umzuwandeln.
Obwohl diese Option vor dem Zustandekommen des Wahlbündnisses von allen Teilnehmern formell ausgeschlossen worden war, zeigte es sich im Nachhinein, daß zumindest ein Teil der Bündnispartner von Anbeginn die Zielsetzung verfolgt hatte, die Sammelbewegung in eine politische Partei umzuwandeln und parallel dazu die KPL in der Versenkung verschwinden zu lassen, was wohl auch passiert wäre, wenn die Partei nicht reagiert hätte.
Im Laufe des Jahres 2002 wies die Parteileitung, deren Mitglieder zum Teil auch in den Leitungsgremien von »déi Lénk« waren, immer öfter und entschiedener die Versuche zurück, der KPL eigene Aktivitäten oder Transparente bei öffentlichen Manifestationen sowie Stellungnahmen zu nationalen und internationalen Themen zu verbieten. Zudem versuchte die KPL wieder, direkte Kontakte zu kommunistischen Parteien zu knüpfen, da die Mitglieder von »déi Lénk«, die auf internationaler Ebene tätig waren, systematisch den Eindruck bei kommunistischen und linken Parteien vermittelt hatten, die KPL habe aufgehört zu existieren. An diesen antikommunistischen Aktivitäten beteiligten sich auch KPL-Mitglieder, die der Partei anschließend den Rücken kehrten.
Auslöser für den endgültigen Bruch im Februar 2003 war die Weigerung, die Kandidatenlisten zu den Parlamentswahlen und den Wahlen zum EU-Parlament im Juni 2004 frühzeitig aufzustellen, und den Kommunisten, die sich seit Bestehen des Bündnisses an alle Abmachungen gehalten hatten, die Garantie zu geben, daß eine gewisse Anzahl von KPL-Mitgliedern den gemeinsamen Listen angehören würde.
Bevor die KPL im April 2003 eigene offene Kandidatenlisten ankündigte, hatte sie im Februar 2003 in einem Brief an das »Nationale Koordinationskomitee« von »déi Lénk« noch einen letzten Versuch unternommen, um zu einer Übereinkunft zu kommen, indem sie gemeinsame, paritätisch besetzte Kandidatenlisten zwischen der KPL und »déi Lénk« anbot. Das wurde von der »Lénk« jedoch umgehend abgelehnt, da manche früheren »Erneuerer« und »neue Linke« sich einen leichten Wahlerfolg erhofften, sollte es keine KPL-Mitglieder, die als Ballast empfunden wurden, auf den Listen geben. Doch bei den Parlamentswahlen von Juni 2004 errangen weder »déi Lénk« noch die KPL ein Mandat im nationalen Parlament.
Bei den Parlamentswahlen vom Juni 2009 kam die KPL dann auf 2,1 Prozent im größten Wahlbezirk in Luxemburg; für ein Mandat im nationalen Parlament wären 4 Prozent erforderlich gewesen. 2012 errang die KPL erstmals seit 18 Jahren wieder kommunale Mandate in den (nach der Hauptstadt) größten Gemeinden des Landes, Esch/Alzette (5,25%) und Differdingen (4,84%) sowie in der Stadt Rümelingen (9,29%).
Rückblickend muß man sagen, daß das Wahlbündnis, das die Kommunisten 1999 unter denkbar schlechten Voraussetzungen mit anderen linken Kräften eingingen, unter den damaligen Umständen leicht hätte dazu führen können, daß die KPL von der politischen Bildfläche verschwunden wäre.
Diese schlechte Erfahrung darf aber nicht als Vorwand dienen, Bündnisse mit linken und sozialdemokratischen Kräften generell abzulehnen, denn Kompromisse in politischen – jedoch nicht in weltanschaulichen und zentralen strategischen – Fragen gehören zum ABC des Marxismus.
Allerdings gilt es Bündnisfragen im Allgemeinen und Wahlbündnissen im Besonderen grundsätzliche Erkenntnisse der kommunistischen Bewegung zu berücksichtigen, da ansonsten die Gefahr besteht, daß die Kommunistische Partei Schaden davonträgt.
Wichtigster Grundsatz ist, daß die politische Handlungsfähigkeit der Kommunistischen Partei durch die Form des Bündnisses oder der Wahlbeteiligung nicht beeinträchtigt oder gefährdet ist. Die organisatorische und ideologische Selbständigkeit der Kommunistischen Partei muß beibehalten werden. Anders formuliert: Die Kommunistische Partei darf nicht im Bündnis aufgehen, ihr selbstständiges Handeln darf nicht eingeschränkt werden.
Friedrich Engels hat das 1889 in einem Brief an den dänischen Sozialdemokraten Gerson Trier (»Marx Engels Werke«, Band 37, Seiten 326 und 327, Dietz Verlag Berlin 1974) so formuliert: »Damit am Tag der Entscheidung das Proletariat stark genug ist zu siegen, ist es nötig – und das haben M(arx) und ich seit 1847 vertreten –, daß es eine besondere Partei bildet, getrennt von allen andern und ihnen entgegengesetzt, eine selbstbewußte Klassenpartei.
Darin liegt aber nicht, daß diese Partei nicht momentan andre Parteien zu ihren Zwecken benutzen kann. Darin liegt ebensowenig, daß sie nicht andre Parteien momentan unterstützen kann in Maßregeln, die entweder unmittelbar dem Proletariat vorteilhaft oder die Fortschritte im Sinn der ökonomischen Entwicklung oder der politischen Freiheit sind«.
Er schrieb weiter, er sei »keineswegs unbedingt gegen alles und jedes momentane Zusammengehen« mit anderen Parteien, »für bestimmte Zwecke«, »vorausgesetzt, daß der proletarische Klassencharakter der Partei dadurch nicht in Frage gestellt wird. Dies ist für mich die absolute Grenze«.